Samstag

Die Inquisition auf Besuch

Aus dem eidetischen Memo von Papus II


Es vergingen 2 - 3 Wochen in reinster Ekstase. Kaum sind meine Freunde in die neue Wohnung ausgezogen, verblieb ich alleine in diesem kuscheligen still gewordenen Haus. Lediglich der liebe, verrückte Jan hörte ich zeitweilig im Keller rumpeln. Ein schlaksiger Acid-Guy mit Titanenkräften.

Das Haus meiner ersten magischen Wandlung
Also geschah es auf plötzlich, dass spät Abends eine Clique von 3 Personen, ein Mann und zwei Frauen, ungefragt mein Zimmer betraten. Ich sass auf dem Bett und zeichnete vermutlich Symbole in mein magic Book.
In meinem Geiste war ich einerseits total entrückt und im nächsten Moment riss mich die Szene dieser ernsthaften Gesichter in eine gefahrvolle Realität.

Es war wie ein Hammer, der über mein Kopf krachte.
Die drei kamen ohne Umschweif zum Thema: Sie erzählten mir von der jüngsten Schwester, die vor wenigen Tages spurlos verschwand, ferner wurde gesagt, dass man in ihrem Zimmer seltsame Zeichnungen aus meiner Hand fand. "Also sag uns nun, wohin hast Du unsere Schwester gebracht? Es kann ja nur einer wie Du sein, der mit seiner verfluchten Magie versucht, unsere Schwester labil zu machen, damit er sie entführen kann!" Die Schlussfolgerung hing wie eine düstere Wolke ungesagt zwischen uns. So sprachen sie mit mir und ich sah Angst und Zorn in ihren Augen.
Obwohl alle drei mich kannten und ich zu den Ladies eine herzhafte Kameradschaft gepflegt hatte, fiel es ihnen leider allzuleicht, den Schwarzen Mann zu sehen. Denn warum?
Ich hatte mich vor der Wandlung zu oft als allwissender Magier aufgespielt und mein Sendungsbewusstsein tat das übrige. Die vorgefundenen Zeichnungen waren nichts anderes als lumpig gekritzelte Sephiroth vom Baum des Lebens. Mein Steckenpferd — die Kabbalah.

Inquisition: Wenn einer, der alles ist, sich abgrenzen muss…

Nun jeder normale Mensch wäre aufgestanden und hätte mit Entrüstung all diese Beschuldigungen von sich gewiesen! Ich dagegen blieb ruhig auf meinem Bett sitzen und kämpfte einen Krieg der inneren Worte. Es war als teile sich das Bewusstsein in einen Für- und Widerpart und unsichtbar für die Anwesenden stritt ich meine 10 der Schwerter.

  •  "Du bist eins mit aller Existenz, sag also ja nicht, dass Du keine Rolle spielst in dieser Tragödie"
  •  "So kann ich mich geradezu ans Kreuz nageln lassen, täte ich meinen Mund nicht auf und bereinige dies"
  • "Du hast es verkackt mit deiner Wichtigtuerei. Geschieht dir recht"
  • "Oh ja, ich Spinner. Jetzt löffle ich diese widerliche Suppe aus. Aber lass mich einen Punkt machen. Idee?"
  • "Nimm das Tarot und suche sie…"
  • "Shit, so gut bin ich auch wieder nicht. Denk bloss an den Tod, der genau dann erschien, als ich showte"
  • "Rede endlich. Sag ihnen die Wahrheit"
  • "Die Wahrheit ?  Ist… ich bin verbunden mit ihr und ich weiss dass sie lebt, weiss nicht wo sie ist"

So ging es rasend schnell durch mein Gedankengewölbe und ich sah, dass es höchste Zeit zum reagieren wurde. Jede Minute im Schweigen könnte aus reinstem Aberglaube mein Besuch in Rage bringen. Ich wiederum konnte und durfte nicht kühl und logisch Dinge erklären, weil mir aber wirklich JEDESMAL seit der Wandlung der Mund einfach zuklappte. Dem Engel sei's gedankt, der mir nicht von meiner Seite wich noch aus meiner Körpermitte entschwand.
Ich sprach zu meinen Inquisitoren in einer bedächtigen Art und voller Rätsel. Ich musste alles mystifizieren. Ein Satz wiederholte ich klar und mit allem Nachdruck: "Sie lebt und sie wird wieder auftauchen" Die drei ehemaligen Freunde zogen von dannen und als ich Wochen später eine/r von drei zufällig traf, fragte ich natürlich. Sie war in Frankreich, hiess es, und wohlbehalten zurück. Ich wartete vergeblich auf eine Geste der Entschuldigung.

So sehet Ihr, liebe Leser, wie tief die Angst vor der Magie in den Köpfen der Menschen steckt. Die Magie kommt auch aus der Dunkelheit… vermutlich.